In diesem Beitrag stellt sich die Naturakademie Heidelberg vor. Um genau zu sein, ist es die wunderbare Emely Meister, die in unserer Region, uns die Vielfalt von Wildkräutern näher bringt. Sie ist begeisterte Sammlerin und spricht mit uns über die schönen Seiten ihrer Arbeit. Und sie erzählt uns von den Herausforderungen durch den Klimawandels, denen sie vor der Haustür begegnet.
Emely, was tust du persönlich für den Klimaschutz?
Persönlich versuche ich einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln zu pflegen. Damit meine ich, dass ich nicht verschwenderisch sein will. Das, was ich einkaufe, verwerte ich auch. Vieles baue ich in meinem eigenen Garten an und wenn ich vor die Haustüre gehe, bediene ich mich an den heimischen Ressourcen, die da wachsen. Das mache ich, anstatt exotische Sachen aus dem Ausland einfliegen zu lassen.
Woher nimmst du deine Motivation dich für den Klimaschutz zu engagieren?
Meine Motivation ist meine Naturliebe. Insbesondere möchte ich an die Teilnehmenden meiner Veranstaltungen weitergeben, dass die Natur geschützt werden muss und schützenswert ist. Wir müssen einen Veränderungsprozess in Gange bringen, wenn wir in der Zukunft gut leben möchten.
Hast du gemerkt, dass es da eine Art Gemeinschaft gibt? Also Unterstützung von FreundInnen, Familie und Co?
Ja, ich denke, ich inspiriere Menschen. Denen, die mir folgen oder zu meinen Veranstaltungen kommen. Ich bringe ihnen die Grundregeln des Sammelns von Wildkräutern bei und einen rücksichtsvollen Umgang. Zum Beispiel das die Blüten bestäubt werden müssen, damit sich Samen und Früchte bilden, welche die Vermehrung der Pflanzen ermöglichen. Wenn man eine Pflanze pflücken möchte, gebe ich weiter, dass man achtsam und dankbar bleibt. Bitte nie mehr als 1/3 des Bestandes an einer Stelle pflücken. Die Pflanzen sind für Insekten und Kreisläufe sehr wichtig und daran sollte man denken.
Wie kam es zur Naturakademie Heidelberg?
Die Naturakademie Heidelberg ist mein persönliches Herzensprojekt. Ich bin von klein auf sehr naturverbunden aufgewachsen. Ganz besonders verdanke ich das meiner Oma. Sie hat mich mitgenommen und ich habe mich dann zurückbesinnt und gemerkt, dass da mein Herz schlägt. Das ich dieses Wissen gerne an andere weitergeben möchte. Ich habe mich dann dazu entschlossen, eine Ausbildung als Natur- und Umweltpädagogin zu machen. Den Schwerpunkt habe ich auf essbare Wildpflanzen und Heilpflanzen gelegt. Zwangsläufig kommt das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz ins Spiel, indem wir begreifen, was wir für natürliche Kostbarkeiten vor der Haustür haben. Das wir das mit Achtsamkeit, Dankbarkeit und Wertschätzung wahrnehmen und uns damit eine Freude machen. Denn so verbinden wir uns mehr mit unserer Umwelt. Es ist einfach spannend zu wissen, wie man die einzelnen Wildkräuter anwenden kann. Sei es zu Speisezwecken oder gesundheitsfördernde Prozesse.
Um dieser Vielfalt gerecht zu werden, habe ich ein breites Programm zusammengestellt. Es gibt ‚Natürlich kreativ‘ Workshops und da kann man die Wildkräuter direkt anwenden. Das steckt alles so hinter der Naturakademie Heidelberg.
Was verbindet die Naturakademie Heidelberg mit Klimaschutz und mit der Region?
Die Art, wie ich das Wissen vermitteln oder auch in der Rolle, in der ich gegenüber meinem Teilnehmer*innen bin. An der einen oder anderen Stelle flechte ich Themen um Nachhaltigkeit und Klimaschutz ein. Außerdem mache ich aktuell ein Masterstudium an der Universität Kassel in ‘Nachhaltiges Wirtschaften’. So spanne ich meinen Faden. Langfristig möchte ich mit den regional ansässigen Lebenden kleinen Kooperationen eingehen. Im Programm stehen auch Wildkräuterwanderungen mit einem integrierten Waldfrühstück an. Dabei achte ich darauf, dass diese Sachen regional produziert wurden.
Wie schaut deine nächste Umgebung aus?
Ich lebe in Ziegelhausen sehr nah am Wald. Da ist man schnell unten am Neckar. Da treffe von der Flora und Vegetation her auf sehr unterschiedliche Lebensräume: Wald, Wiese und Neckarufer nah beieinander. Das macht es spannend und abwechslungsreich; wöchentlich entdecke ich etwas Neues. Mit dem Klimawandel würde dieses vielfältige Angebot sich schon deutlich ändern.
Hast du da schon Veränderungen beobachtet?
Ja, leider. Stichwort ‚invasive Arten‘, die sich klimawandelbedingt verbreiten, sehe ich viel. Da gibt es z. B. den japanischen Staudenknöterich. Das wird zum Problem, wenn einheimische Pflanzen verdrängt werden. Diese Pflanzen lassen sich auch einsetzen. Aber wenn andere Pflanzen in ihrem Bestand darunter leiden und nicht mehr vermehren können, dann wird es eng.
Neobiota sind Pflanzen und Tierarten, die durch menschlichen Einfluss in andere Regionen gelangen. Es wird unterschieden in gebietsfremde und invasive Arten. Letztere erzeugen Konflikte oder unerwünschte Auswirkungen. Mehr Informationen findet ihr im BUND-Lexikon.
Mit welchen Herausforderungen hast du es bei deiner Arbeit zu tun?
Selbst mich – mit meinem langen Erfahrungsschatz – erstaunt es, welche Pflänzchen mittlerweile wann in die Blüte kommt. Das entspricht nicht den „alten“ Lehrbüchern, wobei wir da von kurzen 50 Jahren sprechen. Da heißt es, der Spitzwegerich blüht im Mai. Zum Teil habe ich Anfang April schon geschlossene Blüten beim Spitzwegerich ernten entdeckt. Ich freue mich über das Blühen. Gleichzeitig ist es erschreckend, weil es einem Prozess, den wir mal als “natürlich” deklariert haben, sich in kurzer Zeit stark verändert hat. Und das gibt dann auch den Teilnehmenden zu denken. Sie bemerken dann diese ungewöhnlichen Veränderungen.
Was können Menschen in der Naturakademie Heidelberg zum Thema Nachhaltigkeit erleben?
Ich biete Wildkräuter-Touren mit thematischen Schwerpunkten im Rhein-Neckar-Gebiet an. Es gibt zum Beispiel Einstiegstouren oder eine Tour für Wildpflanzen-Medizin. Anschließend besteht die Möglichkeit, in der Wildkräuterküche der Naturakademie seine Anwendungskompetenz zu schulen und gemeinsam noch was Schönes herzustellen. Das wäre eine Hustentinktur oder ein Wildkräuter-Essig zum Beispiel. Es gibt auch speziellere Touren zum Sonnenaufgang und -untergang. Diese heißen dann ‚Wildes Frühstück‘ oder ‚Wilder Abend‘. Außerdem mache ich gerne auch Specials. Da setzen wir uns kreativ mit den Wildpflanzen auseinander und basteln z. B. Wildkräuterlampions. Ich möchte alle Sinne miteinbeziehen und zugleich persönliche Prozesse beim Einzelnen entfalten.
Was hat sich in deinem Leben so verändert, seit du die Naturakademie Heidelberg gegründet hast?
Also die Naturakademie Heidelberg ist mein Herzensprojekt und gleichzeitig meine Selbstständigkeit. Mein Masterstudium kommt noch hinzu und daher habe ich viel zu tun. Auch wenn ich schauen muss, dass ich es alles unter einen Hut bekomme, bin ich gut organisiert. Ich bin sehr glücklich darüber, diese Schritte gegangen zu sein und finde es sehr schön.
Bei meinen Spaziergängen bekomme ich auch viel von meiner Umgebung mit. Leider nicht immer Gutes, denn sehe auch viel Müll rumliegen. Immer wieder treffe ich die Entscheidung, keine Wildkräuter zu sammeln und stattdessen fülle ich eine große Tüte mit aufgesammeltem Müll. Ich kann es da nicht liegen sehen. Es macht mich traurig, wenn so viel Müll da rumliegt. Da kann man nur als gutes Vorbild vorangehen. Ich möchte dazu anhalten, wenig Müll produzieren und akkurat auf Müllentsorgung zu achten. Denn es ist schockierend, was man bei einem kleinen Streifzug findet.
Im Zentrum für umweltbewusste Mobilität (ZUM) am Heidelberger HBF, sammeln wir von Ökostadt übrigens Kronkorken, Korken und alte Handys. Wir entsorgen diese fachgerecht oder spenden Sie an gemeinnützige Projekte, die diese Stoffe weiterverarbeiten. Einfach zu den Öffnungszeiten vorbeischauen!
Es ist nicht einfach seine Gewohnheiten zu ändern. Wie erlebst du das?
Bei mir ist es mit den Wildkräutern genau andersrum. Ich bin überrascht, wie einfach es doch oft ist. Als ich das erste Mal Seifen hergestellt habe, merkte ich, wie leicht mir das fiel. So verabschiede ich mich auch nach und nach von Produkten aus der Drogerie und versuche mich selbst daran. Jetzt versuche ich mich an meiner eigenen Mundspülung. Das macht es sehr spannend und inspiriert mich!
Oder früher habe ich gerne Kaugummis gekaut. Ich habe damit aufgehört, als ich in der Zutatenliste las, dass diese aus Kunststoff bestehen. Als Ersatz habe ich Beifuß entdeckt. Darauf kann man 20 min kauen. Einfach faszinierend und lecker. Wenn ich jetzt mal Lust auf einen Kaugummi bekomme, schaue ich, dass ich an den Neckar runterlaufe und ein schönes Beifuß Blatt pflücke. Das viele ausprobieren erzeugt Neugierde und hat mein Feuer entfacht. Das Spiegeln mir auch die Teilnehmer*innen und das ist ein wunderschönes Lob. Es für mich ein weitendes, schönes glückliches Gefühl, dass ich mir und meinem Herzen gefolgt bin.
Rezept zum Ausprobieren und Selbermachen:
Hustentropfen selbst herstellen 🧣🌿
Es handelt sich hierbei um einen Alkohol-Wasser-Auszug (auch Tinktur genannt). Das ist die einfachste Art Pflanzenwirkstoffe zu konservieren.
Für deine Hustentropfen eignen sich sowohl Blätter von Spitzwegerich (Plantago lanceolata) als auch Gänseblümchen (Bellis perennis) aufgrund von reizlindernden Schleimstoffen.
So geht’s:
1️⃣ Heilpflanzen sammeln.
2️⃣ Heilpflanzen putzen, aber nicht waschen.
3️⃣ Heilpflanzen kleinschneiden.
4️⃣ Kleingeschnittenes Kraut in ein Glas füllen.
5️⃣ Mit hochprozentigem, geschmacksneutralem Alkohol [z.B. 38 % Vol. Wodka oder Doppelkorn]
vollständig übergießen.
6️⃣ Das Glas verschließen und an einen dunklen Ort für 3 Wochen stellen. Regelmäßig durchschütteln.
7️⃣ Abseihen und in ein beschriftetes Gläschen mit Pipette füllen.
Einnahme in Tropfenform: Erwachsene 3-mal täglich 20 Tropfen; Kinder 3-mal 1 Tropfen/Lebensalter [Achtung: Nicht für Alkoholiker und Leberkranke geeignet!]
Die Webseite der Naturakademie geht diese Woche online: www.naturakademie-heidelberg.de
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