Reparieren heißt einfach gesagt einen Schaden oder Mangel zu beheben. Doch in unserer Gesellschaft kommt die Reparatur unserer Alltagsgegenstände meistens zu kurz oder fristet ein Nischendasein. Es ist zu verlockend, den Gegenstand neu zu kaufen. Besonders wenn er uns noch mehr Funktionen oder eine bessere Handhabung verspricht. Aber Initiativen haben sich zusammengefunden, um das zu ändern. Es zeigt sich: Das Thema Reparatur ist größer als man anfangs wahrnehmen mag. Wir zeigen euch Projekte und Initiativen aus der Rhein-Neckar-Region, die sich der Reparatur verschrieben haben. Wir stellen sie euch vor und erzählen was es mit der Nachhaltigkeit auf sich hat.
Repair Café – was ist das?
Das Küchengerät blinkt verdächtig oder der Pullover hat ein Loch? Das kennt man und ärgert sich. Eine Neuanschaffung kostet Geld und Zeit und belastet schließlich auch die Umwelt. Repair Cafés wollen dem kostengünstig entgegenwirken und zugleich Wissen weitergeben. Zu bestimmten Terminen kommen erfahrene (Hobby)handwerker und Reparateurinnen zusammen, um kaputte Gegenstände zu reparieren. Allein über 800 Repair Cafés gibt es in Deutschland. Die Seiten der reparatur-initiative und repaircafe.org listen diese auf. Letztere kommt aus den Niederlanden, in denen 2009 die ersten Repair Cafés gegründet wurden. Auch im Rhein-Neckar-Gebiet finden sich Organisationen, z.B. in Leimen, Speyer und Heddesheim. Das Repair Café Leimen ist seit 2015 sehr aktiv und bietet eines jeden 1. Samstag im Monat im Martin-Luther-Haus in St. Illgen an.
Von Ökostadt bieten wir regelmäßig das Repair Café Heidelberg an. Das Heidelberger Repair Café entstand 2014 aus der Initiative von Transition Town, BUND Heidelberg und Ökostadt. Später wurden das Haus der Jugend und nun der stadtjugendring unsere Ausrichtungsorte. Seitdem wird regelmäßig ein Repair Café angeboten. Geleitet wird das Repair Café von uns, Isabel und Dünya, gemeinsam mit erfahrenen Ehrenamtlichen.
Ablauf bei einem Repair Café
Um vorbeizukommen, braucht es auch keine Anmeldung. Man kann mit einem defekten Gerät und etwas Zeit einfach vorbeikommen. Bei Kaffee, Kuchen und netten Gesprächen lässt es sich angenehm warten, bis man dran ist. Dann schaut man sich mit den Reparateur*innen den Gegenstand näher an, beschreibt das Problem und lernt im Gespräch das eine oder andere über dessen technisches Innenleben. Bis auf vielleicht ein Ersatzteil, ist die Reparatur kostenlos und gegen Spende. Allerdings haften Repair Cafés grundsätzlich nicht für fehlerhafte Reparaturen. Wobei die Erfolgsquote gut ist. Das Repair Café Leimen hat uns dazu geschrieben: „Es sind die weichen Faktoren, die zählen. Unser Repair Café hilft dabei, Ressourcen zu schonen und Nachhaltigkeit zu fördern. Es bietet Inklusions- und Integrationsmöglichkeiten, verbindet Generationen und kann den Besuchern Geld sparen, wenn sie bei erfolgreicher Reparatur keine Neuanschaffung tätigen müssen. Auch wir freuen uns, wenn uns eine Reparatur gelungen ist.“
Hinter so einem Repair Café stehen natürlich mehr als die Reparateur*innen. Regelmäßig beantworten wir Anfragen zur Reparatur auf unseren verschiedenen Kanälen. Dazu gehören auch die Ehrenamtlichen, die die Organisation stemmen. Schließlich muss den Reparateur*innen Bescheid gegeben werden, der Ort gebucht und Pressemitteilungen verteilt werden. Finanziell unterstützt wird das Repair Café Heidelberg auch durch die Stadtwerke Heidelberg.
Die Gründe der Besucher*innen zu uns zu kommen, sind vielfältig. Mal ist es ein wertgeschätzter Gegenstand mit vielen Erinnerungen, manchmal auch die Neugier oder die geringen Kosten. Viele schätzen die freundliche Atmosphäre. Und schließlich möchte man die Umwelt nicht durch einen Neueinkauf belasten, solange es sich vermeiden lässt. Gemeinsames Lernen steht im Vordergrund von Repair Cafés. Gemeinsam zeigen wir uns, dass es möglich ist. Auch die Reparateur*innen helfen sich gegenseitig aus und geben sich Ideen, wenn mal etwas nicht funktioniert.
Was hat Reparatur denn mit Klimaschutz zu tun?
Zahlreiche Geräte, besonders Elektrogeräte mit ihren wertvollen Metallen und seltenen Erden, werden oft entsorgt, obwohl sie noch funktionieren. Die Produktion neuer Elektro- und Elektronikgeräte ist mit einem hohen Energie- und Ressourcenverbrauch verbunden. Zugleich werden sie in unserer Gesellschaft immer früher weggeworfen. Ähnliches gilt für die Herstellungsprozesse von Möbeln, Kleidungsstücken und vielem mehr.
Das Stichwort lautet oft Recycling. Dann blicken wir auf Gummibärchen in recycelten Plastikbeuteln oder auf unsere Kleidung. Aber leider funktioniert das eher in der Theorie als in der tatsächlichen Praxis. Denn der Begriff Recycling ist gesetzlich nicht geschützt und meistens nicht transparent kommuniziert. Selbst bei sachkundiger Handhabung lassen sich kostbare Ressourcen nicht vollständig zurückgewinnen. Reparatur hingegen verlängert die Nutzungsdauer von Gegenständen und Bedarf weniger Ressourcen.
Wir müssen das Recht auf Reparatur stärken und es ermöglichen, sich nachhaltig zu verhalten. Werden Ersatzteile beim Hersteller angefragt, stößt man oft auf das erste Hindernis. Entweder die Teile werden nicht mehr angeboten, obwohl das Gerät wenige Jahre alt ist oder es ist nur über Handwerksbetriebe erhältlich. Der Runde Tisch Reparatur beschäftigt sich mit diesen Problemen und setzt sich für Rechte, Richtlinien und Anreize ein, Gegenstände länger nutzbar zu machen. Auf EU-Ebene ist es schon zu ersten Änderungen gekommen.Letztlich fließt Reparatur in unsere sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen ein.
Wolfgang Schmidbauer, als Psychoanalytiker in Die ZEIT einem breiten Publikum bekannt, hat dazu ein Buch geschrieben. Daran zeigt sich, dass die Eingangsdefinition nicht ausreicht. Über Reparatur nachzudenken, lässt uns auf unsere Beziehungen zu den Gegenständen und der dahinterliegenden Arbeit nachdenken. Im Repair Café werden Erfahrungen gemacht und Kreativität freigesetzt. Wir helfen einander und schätzen wert, was wir haben.
Was kann man im Alltag beachten?
Wir können beim Neukauf starten. Das Leimener Café schreibt uns: „Hat das neue Haushaltsgerät Schrauben damit ein Fachmann es im Notfall öffnen kann? Kann man den Akku leicht tauschen? Ist der Stoff des neuen T-Shirts gut oder leiert er schnell aus? Wo und unter welchen Bedingungen wird es hergestellt? Kann ich ein Elektrogroßgerät, ein Fahrrad, etc. vielleicht auch in einem Fachgeschäft mit angeschlossener Werkstatt in Wohnortnähe kaufen? Solche und ähnliche Fragen sollte man sich vor dem Kauf stellen.“
Sollte eine Reparatur notwendig werden, gibt es eine ganze Fülle an Informationen, wie man Gegenstände, ob Elektrogeräte, Schuhe oder Möbel reparieren kann. Zuallererst raten wir aber zur Vernunft. Wer sich mit Elektro nicht auskennt, sollte Geräte mit hoher Spannung nicht bearbeiten – das kann lebensgefährlich werden. Außerdem sollte man auf die Garantiebestimmungen achten. Das Umweltbundesamt hat einige Tipps parat, die wir hier zusammenfassen:
- Falls Anweisungen des Herstellers vorhanden sind, kann man zunächst denen folgen. Auch Online-Portale wie “kaputt.de” oder “iFixit” liefern Reparaturlösungen, Video- und Reparaturanweisungen,
- eine grobe Kostenschätzung bei einem Reparaturbetrieb anfragen
- oder Repair Cafés nutzen als kostengünstige Alternative.
Learning by doing heißt also der Leitsatz. Und das ist nur der Anfang einer langen Geschichte zur Reparatur. Wollt ihr mehr darüber lesen? Schreibt es uns gerne in die Kommentare.
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